• Steffen Verlag | www.steffen-verlag.de | Klaus-Jürgen Neumärker: Der andere Fallada - page 40

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haben, waren die Brücke, über die sie nun gemeinsam in den folgenden Jahren gehen
werden. Rowohlt räumt Ditzen eine tägliche Arbeitszeit von 9 bis 14 Uhr ein, damit er
nachmittags eben das machen kann, wozu ihn Rowohlt am fähigsten hält: Schreiben.
Ditzen hält sich an sein Versprechen, »in diesem Punkt dürfen Sie völlig sicher sein«.
Das Ehepaar Ditzen wohnt in Berlin vorerst in der Calvinstraße 15 a, Ecke Melanch-
thonstraße, zwischen Schlosspark Bellevue und der Untersuchungshaftanstalt Moabit
gelegen,überderenInnenlebenDitzenspäterauseigenerErfahrungberichtenwird.
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Die
neue Umgebung, die Freude, aber auch die Anstrengung eines täglichen Arbeitsrhyth-
mus, das Schreiben und seit 14. März 1930 der Sohn Ulrich, der Stolz der Familie, zeh-
ren an den Nerven des Schreibers. Die innere Unruhe greift erneut um sich. Nervosität
und leichte Erregbarkeit lassen sich durch einen erhöhten Nikotin- und Koffein-
gebrauch kaum bändigen. Im Gegenteil, sein Nervensystem reagiert angespannt, ge-
reizt. Ditzens Persönlichkeitsstruktur findet zu altbekannten, bislang gezähmten Ver-
haltensweisen zurück. Um dem zu entgehen, wechselt die Familie im August 1930 in
eine ruhigere Wohngegend. Am Rand der Stadt, in einem Reihenhaus in Neuenhagen
bei Berlin mit der beruhigenden Adresse Grüner Winkel 10 quartieren sie sich ein.
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Die eingekehrte innere und äußere Beruhigung, die Freude an Heim und Familie,
trotz des weiten Fahrweges zuRowohlts Verlag, erweisen sich als trügerisch. Die Finanz-
krise macht auch vor diesem Unternehmen nicht halt. Den Mitarbeitern wird gekün-
digt, an Honorarzahlungen für den Roman
Bauern, Bonzen und Bomben
ist nicht zu
Anna mit Uli in Neuenhagen,
31. 5. 1931
1...,30,31,32,33,34,35,36,37,38,39 41,42,43,44,45,46,47,48,49,50,...136
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