• Steffen Verlag | www.steffen-verlag.de | Klaus-Jürgen Neumärker: Der andere Fallada - page 37

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beschäftigte? Wie dem auch sei, Ditzen tritt in Hamburg den Guttemplern
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bei, einer
Organisation, die sich für die Enthaltsamkeit von Alkohol und Drogen, aber auch für
Brüderlichkeit und Frieden einsetzt. Und er wird Mitglied der ältesten deutschen Ar-
beiterpartei, der
SPD
. Selbstbewusst schreibt er am 21. Oktober 1928 an Kagelmacher:
»Heute Abend lasse ich mich definitiv in eine Loge aufnehmen […] Außerdem werde
ich heute Abend einen Vortrag über einige Probleme der Abstinenzbewegung halten.
Sie sehen, ich lege mich scharf ins Geschirr.«
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Auf einer dieser Veranstaltungen wird er einer 27-jährigen Frau begegnen. Anna
Margarete Issel, Schwester von Hans Issel, der dem Orden und der
SPD
schon längere
Zeit angehört.
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Mit dieser Frau, die im Leben und in den Büchern von Rudolf Ditzen
alias Hans Fallada als »Suse« oder »Lämmchen« ihren Platz findet, wird er sich am
26. Dezember 1928 verloben. Am 5. April 1929 werden sie in Hamburg heiraten und da-
nach zu einem Abstecher nach Berlin aufbrechen. Suse wird ihrem Jungen, wie sie ihn
nennt, stets treu zur Seite stehen. Er ihr nicht! Am 5. Juli 1944 wird die Ehe geschieden.
Über die dazwischen liegenden Ereignisse hat der am 14. März 1930 in Berlin geborene
Sohn Ulrich Ditzen, genannt Uli, 2007 mit der Herausgabe der Briefe, die sich sein
Vater und seine Mutter schrieben, die Fallada-Leser in Kenntnis gesetzt. Eine nicht
einfache Entscheidung des Sohnes, aber
eine lohnende. Denn, so Uli Ditzen im
Vorwort: »Anlass für die Korrespondenz
waren fast immer Krankenhausaufent-
halte und Erholungskuren.« Ende Januar
1931 schrieb Rudolf an Suse: »Ich glaube
eigentlich nicht, dass sich unsere, oder
vielmehrmeine Braut- und Ehebriefe zum
Druck eignen.« Diese Meinung hatte
auch sie und antwortete: »Und wenn Du
jemals diese ungeheuerliche Idee haben
solltest, streike ich! Jawohl! Das geht kei-
nen Menschen was an, was wir uns schrei-
ben.«
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Die erste Zeit ihrer Zweisamkeit ver-
brachten die Ditzens in Hamburg. Er,
ohne Arbeit und ohne eine Nachricht
von Rowohlt aus Berlin, kehrte nach Neu-
münster zurück. Hier kannte er alle, und
alle kannten ihn. Anstellung fand er als
Anna Ditzen, geborene Issel,
genannt »Suse«, um 1929
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