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findet, in Untersuchungshaft gebracht. Von dort wird er am 4. September 1944 um
17.30 Uhr in die Heil- und Pflegeanstalt Strelitz-Alt überführt. So heißt der Ort seines
weiteren Aufenthalts im Sprachgebrauch der Justiz, so steht es auch in deren amtlichen
Papieren. Über das alles informiert Christiane Witzke.
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Witzke, geboren und aufgewachsen in Neustrelitz, hat sich durch viele Beiträge
zur Neustrelitzer Stadtgeschichte, vor allem aber durch ihr 2001 im federchen Verlag
Neubrandenburg erschienenes Buch
Domjüch. Erinnerungen an eine Heil- und Pflege-
anstalt in Mecklenburg-Strelitz
nicht nur einen Namen gemacht. Sie trug dazu bei, dass
in Sachen Ditzen/Fallada ein jahrelang existierender Irrtum über dessen Unterbrin-
gung in einer Heilanstalt ausgeräumt werden konnte. In einer überarbeiteten Auflage
ihres Buches 2012 unter dem Titel
Domjüch
.
Eine Landesirren-, Heil- und Pflegeanstalt
in Mecklenburg
schreibt die Autorin im Vorwort: »Der Schriftsteller Hans Fallada ist
dort [in der Heil- und Pflegeanstalt] aber nie als Patient gewesen. Demzufolge kann
er
Die Domjücher Erinnerungen
auch nicht geschrieben haben. Sie beruhen auf einem
Irrtum des bekannten Fallada-Herausgebers und ehemaligen Cheflektors des Aufbau
Verlages Günter Caspar (gest. 1999).«
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»In Wirklichkeit«, schreibt Witzke, »ist es
die alte Strafanstalt in Strelitz-Alt, die ›Landesanstalt Neustrelitz-Strelitz‹, in die man
Ditzen in eine Zelle der Abteilung III steckt. Das ist jene Abteilung, [in der] unzu-
rechnungsfähige Rechtsbrecher […] untergebracht [sind]. Sie wird offiziell als Abtei-
lung Heil- und Pflegeanstalt oder sogar
als Heil- und Pflegeanstalt Strelitz-Alt be-
zeichnet, um auch hier die Meldebogen-
aktion der Berliner T4-Ärzte rechtferti-
gen zukönnen. Die Strafanstalt untersteht
dem Landesfürsorgehaus Güstrow.«
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Die
beiden anderen Abteilungen der Landes-
anstalt, Abteilung I – Gefängnis und
Abteilung II – Zuchthaus, wird Ditzen
nicht kennenlernen, er saß nun in Abtei-
lung III ein. Die Beschuldigung der Staats-
anwaltschaft: Am 28. August 1944 in Car-
witz seine »geschiedene Ehefrau mit der
Begehung des Totschlags bedroht zu ha-
ben«. Er habe ihr wiederholt zugerufen,
sie zu erschießen und habe »auch einen
Schuss mit einem Terzerol –aber nicht in
Richtung auf [die] Frau–abgegeben«.
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Rudolf Ditzen mit Tochter Lore im Garten,
in seiner Hand das Gewehr,
12. 5. 1940
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