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vom 23. November 1933 war ihm als Juden aufgrund dieses Gesetzes die Lehrbefugnis
entzogen worden. Frei werdende Stellen wurden anderweitig besetzt, Interessenten
gab es genug. Burlage profitiert als zukünftiger Inhaber einer außerplanmäßigen Assis-
tentenstelle ebenfalls von der Neuregelung. Am 30. Mai 1933 teilt der Verwaltungs-
direktor der Charité Professor Bonhoeffer mit, dass Dr. Herta Seidemann mit dem
30. Juni 1933 aus demBeschäftigungsverhältnis des Charité-Krankenhauses ausscheiden
werde. Die frei werdende außerplanmäßige Assistentenstelle wird mit Wirkung vom
1. Juli 1933 dem Volontär-Assistenten Dr. Wilhelm Burlage übertragen. Der Weg für
die weitere Facharztausbildung bei Bonhoeffer war geebnet. Es folgten Dienstvertrag
und Vereidigungsnachweis am 3. Juli 1933. Burlages Lebenslauf wird sich von dem der
Jüdin Seidemann, auf deren Stelle er rückt, unterscheiden. Bonhoeffer unterstützt
Herta Seidemann wie auch andere seiner jüdischen Mitarbeiter mit Empfehlungs-
schreiben. Er setzt sich zusammen mit dem Direktor der Chirurgischen Klinik der
Charité Ferdinand Sauerbruch (1875 – 1951) auch für Franz Kramer ein. Kramer emi-
griert 1938. Seidemann hatte bereits 1933 Deutschland in Richtung Zürich verlassen.
Als ihr 1936 die Arbeitserlaubnis in der Schweiz nicht verlängert wird, emigriert sie in
die
USA
. Nach 1945 werden die Kontakte zwischen Herta Seidemann, Professor Bon-
hoeffer, Lotte Lück und Eva Burlage wieder aufleben. Dr. Wilhelm Burlage hatte in
seiner Facharztausbildungszeit die Tochter der Chefsekretärin Bonhoeffers, Eva Lück,
geheiratet. Eva undWilhelm Burlage bezogen eineWohnung in der Budapester Straße
53 in Berlin. Beide werden im Leben des Schulfreundes Ditzen und dessen Familie eine
wichtige Rolle spielen.
Carwitz – Ort gesuchter Ruhe und innerer Unruhe
Fährt der Besucher, von Feldberg kommend und die Gemeinde Neuhof hinter sich
lassend, auf der Carwitzer Straße weiter, wird er nach den wenigen Kilometern vor dem
Ortseingang vonCarwitz, Gemeinde Feldberger Seenlandschaft imLandkreisMecklen-
burgische Seenplatte, angelangt sein. Schon die Beschriftung lässt vermuten, dass man
sich in einer der schönsten Gegenden Deutschlands befindet. ImOrt selbst geht es wei-
ter auf dem Kopfsteinpflaster aus alten Zeiten, vorbei an der Ruhestätte Hans Falladas,
bis zum Ende des Dorfes. Dort trifft der Besucher auf Haus und Hof mit der Adresse
Zum Bohnenwerder 2, Ortsteil Carwitz, es ist das Hans-Fallada-Museum.
»Wer heute das Fallada-Haus in Carwitz betritt«, schreibt Sohn Uli Ditzen im
Vorwort der von ihm herausgegebenen Briefe seiner Eltern 2007, »wird den ersten
Blick auf die beiden Reihen von aktuellen, zum Verkauf stehenden Werkausgaben
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