Steffen Verlag | www.steffen-verlag.de | Bruno Skodowski: Jagdgeschichten aus Wald und Flur - page 17

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Kein einziger Bock befand sich auf der Wiese. Der
eine von den Dreien, die sich sonst hier ein Stelldich-
ein gaben, war ein alter Herr. Er begann schon zurück-
zusetzen. Heute sollte er eigentlich fallen. Eine halbe
Stunde wartete Günther. Dann ging er vorsichtig,
jedes Geräusch vermeidend, den Pirschsteig zurück.
Wieder auf dem Waldweg angelangt, schlug er den
Weg zur Bahnwiese ein. Sie lag direkt am Bahndamm.
Eine Kleinbahn führte dort durch Wald und Feld.
Daher hatte die Wiese ihren Namen.
Auf ihr musste ebenfalls ein Abschussbock stehen.
Einst war er der Stärkste in der ganzen Gegend. Im
Allgemeinen war die Qualität des Rehwildes in die-
ser Ecke schlecht. Deshalb hatte Günther diesen Bock
immer wieder geschont. Er sollte sich noch recht oft
vererben. Jetzt zeigten bereits einige vielversprechende
Rehjünglinge, welche guten Anlagen sie von ihrem
Vater ererbt hatten. Bei ihm jedoch hatte sich das Ge-
hörn in diesem Jahr stark zurückentwickelt. Es waren
fast keine Vereckungen, geschweige denn Enden vor-
handen. Kündete der untere Teil noch von früherer
Stärke, bestand es oben nur noch aus nadelspitzen
Spießen. Der alte Bock war zum Mörder geworden.
Noch vor der Blattzeit musste er fallen, um seinen
hoffnungsvollen Nachwuchs nicht zu gefährden.
Doch je älter der Bock wurde, desto vorsichtiger
wurde er. In letzter Zeit äste er nur noch unmittelbar
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