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Wie hat die Diagnose »Krebs« Ihr Leben und das Ihrer Familie verändert?
Mein körperliches Verhalten hatte mir nicht gefallen, doch nach ersten Untersuchun-
gen wurde mir versichert, da sei nichts. Aber ich habe darauf bestanden, mich weiter
an der Prostata untersuchen zu lassen. Man verdrehte die Augen, machte aber auf mein
Drängen hin eine Teiloperation. Wider allen Erwartungen fanden die Ärzte Krebszel-
len. Ich bin stolz, dass ich so konsequent war.
ImHinterkopf ist nun immer der Gedanke an den Krebs. Er lässt sich nicht verdrän-
gen, er kehrt immer wieder. Vor allem dann, wenn ich um uns herum höre, dass wieder
einer unserer Freunde und Bekannten betroffen ist. Laut Statistik scheinen 46 Prozent
aller Männer in höheren Altersgruppen an Prostatakrebs zu erkranken, so habe ich es
mir angelesen. Und nach der Behandlung bleiben einige körperliche Einschränkungen.
Auch wenn ich wieder angefangen habe, Sport zu treiben – Bäume ausreißen kann ich
nicht mehr. Doch wir sind froh und dankbar, dass wir das alles so überstanden haben.
Ich kann mich jetzt an vielen Dingen mehr erfreuen als noch vor Jahren, beispielsweise
an allem, was die Natur hergibt. Nie habe ich mich früher für die Vogelwelt interessiert.
Die Betrachtung der Natur ist ganz anders, ist intensiver geworden.
Was hat Sie getragen? Wo fanden Sie Unterstützung?
Ich habe gelernt, für mich selber innerlich zu beten. Mir hat das sehr geholfen. Das
Thema Kirche, Glauben und Beten ist ja in dieser Gesellschaft ziemlich überholt oder
wird hier und da belächelt. Ich weiß natürlich auch, dass der Herrgott mir nicht helfen
kann, wenn die Krankheit fortschreitet. Aber es stärkt mich innerlich, wenn ich mit
ihm im Kontakt bin oder ein Gebet spreche.
Es gibt Menschen, die fragen: »Wenn es Gott gibt, warum werden Kriege geführt?
Warum werden wir bestraft, vernichtet, bombardiert, ausgemerzt?« Diese Fragestel-
lung geht aus von dem Gedanken, dass es einen Herrgott gibt, der alles lenkt und leitet.
Doch ich bin nicht so ein Christ, der sagt: »Es gibt einen Herrgott und der müsste re-
geln, dass wir uns nicht gegenseitig die Schädel einschlagen.« Der müsste ja dann auch
regeln können, dass der Krebs plötzlich von alleine wieder aufhört. Das geht nicht.
Glaube ist etwas anderes. Glaube ist, jemanden zu haben, den man innerlich an-
sprechen kann und bei dem man das Gefühl hat, es kommt an. Es geht einem besser,
wenn man im Gebet jemandem seine Gedanken erklären kann.
Vielleicht dazu eine kleine Anekdote. Ich lag nach meiner Operation mit einem
Mann auf dem Zimmer. Der war von Beruf etwas ganz Einfaches, was ja nichts Unehr-
enwertes ist. Er war wohl auch in seiner Jugend ein bisschen lodderig gewesen. Und
dem Alkohol hat er stark zugesprochen. Dieser Mann hatte Krebs bekommen, der aber
so weit fortgeschritten war, dass man ihm nicht mehr helfen konnte. Er musste sich
»Ich habe gelernt, für mich selber innerlich zu beten.
Mir hat das sehr geholfen.« 
Jörg Busse
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