• Steffen Verlag | www.steffen-verlag.de | ISBW: Unser Leben mit Krebs - page 20

16
Was macht Ihre Familie, außer dem Thema »Krebs«, aus?
Wie soll ich das am besten sagen? Die Familie ist etwas so Wichtiges. Man kann sich
aufeinander verlassen und man weiß: Wenn Hilfe nötig ist, kommt die Familie. Das
stärkt und gibt innerlich viel Kraft. Man bleibt ruhig und ausgeglichen. Es ist gut
gegen Ängste.
Die Krankheit habe ich jetzt überwunden. Es stehen nun ganz normale Fragen des
Alters auf dem Programm. Wir wissen genau, dass sich unsere Kinder und Enkel um
uns kümmern werden, auch wenn sie nicht immer auf der Matte stehen. Ich möchte
auch nicht bei akuten Dingen von meinen Kindern versorgt werden. Das geht gar
nicht. Aber sie werden sich dann kümmern, dass man uns gut betreut und wir auch
nicht verlassen sind. Zum Glück sind wir noch in der Phase, wo Geben und Nehmen
einander ausgleichen. Die Kinder haben Arbeit. Die Kinder und Enkel sind selbst-
ständig. Der größte Wunsch ist immer wieder: Hauptsache, wir bleiben alle gesund.
Zu unseren Kindern, Enkeln und Urenkeln haben wir eine sehr innige, enge Ver-
bindung. Es ist nicht die räumliche Nähe und auch nicht die Zahl der Stunden, die
man miteinander verbringt. Es ist das Gefühl, das auf jahrelanger Erfahrung basiert.
Und mein Mann hat nun seine ausländischen Zelte abgebrochen. Unser Zusammen-
leben ist so harmonisch, wie man es sich nur wünschen kann.
Was möchten Sie anderen Betroffenen und ihren Familien sagen?
Das ist schwer. Man ist ja mit der Krankheit allein, auch wenn noch so viel Hilfe da
ist. Man muss das allein durchboxen. Man sollte sich dennoch Hilfe holen, sich öffnen
– das macht es leichter.
Folgendes ist jetzt vielleicht ein bisschen falsch, aber ich sage es dennoch: Man
sollte im höheren Alter sich und seine Krankheit auch nicht überbewerten. Trifft es
einen jungen Menschen, so finde ich, ist das grausamer. Wenn man älter ist, lässt sich
auch realistisch sagen: »Mein Leben habe ich zum großen Teil hinter mir. Vielleicht
ist es mir vergönnt, noch ein paar Jahre dranzuhängen.« Man soll nicht hadern und
das Beste aus den Gegebenheiten machen. Auch soll man sein Umfeld nicht belasten.
Es ist schwer für den Gesunden, mit einem Kranken beziehungsweise bei Krebs mit
einem todkranken Menschen umzugehen. Ich kenne viele alte und kranke Menschen,
die Vorbild sind, die ihre Krankheit mit Würde tragen. Nicht jammern! Es gibt an
jedem Tag viele kleine Dinge, über die man sich freuen kann. Man muss die hellen
Punkte suchen, nicht die dunklen.
Zum Glück weiß man nicht, wie viel Zeit man noch hat. Und es ist schwer, wenn
man Menschen leiden sieht. Ich habe einmal gelesen: »Wir treten alle durch die glei-
che Tür ins Leben, aber jeder geht durch eine andere hinaus.« Jeder muss seinen Weg
gehen.
1...,10,11,12,13,14,15,16,17,18,19 21,22,23,24,25,26,27,28,29,30,...36
Powered by FlippingBook