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Greifswald war schon damals vor allem wegen seiner Universität bekannt.

1893 studierten 720 Studenten an der traditionsreichen, 1456 gegründeten

Hochschule: je 250 an der medizinischen und an der theologischen, der Rest

an der philosophischen und juristischen Fakultät.

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Greifswald – seit 1648

schwedisch – war 1815 zu Preußen gekommen und 1818 Kreisstadt geworden.

Mehrere Reedereien, Maschinenbaubetriebe, Gießereien, Handelsbetriebe

sowie ein Eisenbahnausbesserungswerk an der wichtigen Bahnlinie Berlin–

Angermünde–Stralsund der Preußischen Staatsbahn waren die größten Ar-

beitgeber. Das Eisenbahnausbesserungswerk spielte später im Roman

Wir

hatten mal ein Kind

eine Rolle: Fallada ließ seinen Romanhelden Johannes

Gäntschow dort eine Maschinenschlosserlehre machen. Um 1900 waren in

der »Eisenbahnhauptwerkstätte« nicht weniger als 500 Arbeiter und An-

gestellte tätig.

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Schon 1856 erhielt Greifswald ein Krankenhaus, aus dem das

heute renommierte Universitätsklinikum hervorging. In den 1890er Jahren

lebten in Greifswald rund 22.000 Menschen.

Ditzens Eltern waren Niedersachsen, sie stammten beide aus dem König-

reichHannover, das erst 1866 nach der verlorenen Schlacht bei Langensalza zu

Preußen gekommen war. Der Vater wurde 1852 in Malgarten bei Osnabrück

als Sohn des späteren KronanwaltsWilhelmAlbert Ditzen und damit in einer

Juristenfamilie geboren. Er wuchs mit seinen beiden Schwestern Luise und

Adelaide inNienburg an derWeser auf. Ursprünglich stammte die Familie aus

Ostfriesland, aus dem Kreis Norden, wo die Ditzens seit dem 17. Jahrhundert

nachweisbar sind, viele von ihnen waren Juristen und Verwaltungsbeamte.

Wilhelm Ditzens Großvater war ebenfalls Jurist: Amtmann in Berum. Als

ältestes Kind der Familie sollte Wilhelm Ditzen in die Fußstapfen von Vater

und Großvater treten. Dazu besuchte er nach der Grundschule in Nienburg

von 1867 bis 1873 eine der besten Schulen Deutschlands, das berühmte Gym-

nasium Schulpforta bei Naumburg, auch wenn er bei der Aufnahmeprüfung

für die »preußische Musterschule«

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zunächst durchfiel und es eines zweiten

Versuchs bedurfte.

Schulpforta prägte ihn für sein ganzes Leben. In seinen Erinnerungen

schrieb Wilhelm Ditzen: »[…] ich habe mir in Pforta die Fähigkeit erwor-

ben, stetig und ruhig zu arbeiten, und zugleich ein Gefühl der Verantwort-

lichkeit für die Folgen jedes eigenen Tuns, ein Gefühl, das mich während

meines ganzen Lebens beherrscht hat«

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. Zu Schulfreunden aus jener Zeit