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Carwitz, etwa zumDuell amUhufelsen, aus dem Briefwechsel Falladas in der

Zeit nach der Entlassung aus dem Gefängnis in Neumünster oder aus dem

Nachlass von Marianne Wintersteiner zur Rekonstruktion der Beziehung zu

der angehenden Schriftstellerin, die hier im Rahmen einer Biografie erstmals

näher betrachtet wird, sowie zu seinen Reisen als Sonderführer des Reichs-

arbeitsdienstes. Weitere Fragen stehen im Raum: Wie ging und geht die Li-

teraturwissenschaft mit dem Autor um? Wie wird sein Erbe heute betreut

und zugänglich gemacht? Die vorliegende Untersuchung möchte darauf eine

Antwort geben.

Besonders nützlich waren die erst in jüngster Zeit entstandenen Briefwech-

sel-Editionen des ältesten Fallada-Sohnes Ulrich (Uli) Ditzen: die Korrespon-

denz zwischen ihm und seinem Vater (2004)

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sowie der Briefwechsel seiner

Eltern (2007)

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. Auch die Publikation der Briefe zwischen dem jungen Rudolf

Ditzen und seiner Geliebten Anne Marie Seyerlen (2007)

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sowie die teilweise

Erschließung des umfangreichen Briefwechsels zwischen dem Schriftsteller

und seinem Verleger Ernst Rowohlt (2008)

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gaben der Fallada-Forschung

neue Impulse.

Äußerst wichtig für Ditzens Jugendjahre ist der imUniversitätsarchiv Jena

aufbewahrte Lebenslauf (»Jenaer Lebenslauf«)

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, den der 18-Jährige auf 36 eng

beschriebenen Seiten zwischenOktober und Dezember 1911 unmittelbar nach

einem Schusswechsel mit Todesfolge verfasst hat. Er ist neben der sogenann-

ten Tannenfelder Krankenakte und der Rudolstädter Gerichtsakte die dritte

Quelle, die auf Ditzens frühenWunsch hinweist, Schriftsteller zu werden. Der

Jenaer Lebenslauf ist von der Fallada-Forschung erst wenig herangezogen wor-

den. Der schwer lesbare handschriftliche Text liegt seit 2010 in transkribierter

Form publiziert und damit leicht zugänglich vor.

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Von nicht zu unterschätzender Bedeutung für einen neuen Blick auf Falla-

das Leben sind zwei umfangreiche Einzeluntersuchungen, die 2015 veröffent-

licht wurden: die rund 650 Seiten starke Doktorarbeit von Sabine Koburger

über das Verhältnis zwischen Fallada und Rowohlt

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und die ebenfalls enorm

detailreiche Untersuchung des Berliner Psychiaters Klaus-Jürgen Neumärker

zum Patienten Hans Fallada

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. Beide Aspekte bereicherten das Fallada-Bild

um bislang in dieser Tiefenschärfe ungeahnte Facetten. Insbesondere die Be-

deutung der Krankengeschichte kann für die Gesamtbeurteilung dieses von

extremen Leiden und zahllosen Behandlungen geprägten Künstlerlebens gar