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Liersch (1981), Cecilia von Studnitz (1997) und Jenny Williams (2002).

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Alle

fünf Biografen haben auf ihre je eigene Art und mit ihrem jeweils unterschied-

lichen Ansatz entscheidende Erkenntnisse über den Autor geliefert. Warum

nun erscheint rund 15 Jahre nach der letzten Biografie aus Anlass seines

70. Todestages am 5. Februar 2017 eine neue Lebensbeschreibung Falladas?

Der große italienische Historiker Arnaldo Momigliano hat 1971 bis heute

unübertroffen schlicht definiert, was eine Biografie ist: Sie ist »die Darstel-

lung des Lebens eines Menschen von der Geburt bis zum Tod«

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. Diese Dar-

stellung ist insofern nie abgeschlossen, als die mit der Lebensgeschichte eines

Menschen befasste Forschung unablässig neue Details findet, neue Zusam-

menhänge erkennt, neue Erkenntnisse formuliert. 15 Jahre – seit der letzten

Fallada-Biografie der irischen Germanistin JennyWilliams – sind in der histo-

rischen wie in der literaturwissenschaftlichen Forschung eine lange Zeit, in der

sich manches Neue ergibt und bestimmte Sachverhalte neu bewertet werden

können. Dies gilt vor allem für einen Schriftsteller wie Hans Fallada, der rund

23.000 Seiten an literarischer Produktion hinterlassen hat, die längst nicht alle

ausgewertet worden sind und in denen noch manche Überraschung stecken

dürfte. Das gilt gleichermaßen für die rund 8000 hinterlassenen Briefe, die er

zeitlebens schrieb.

Gerade bei einem Schriftsteller, dessen Lebensgeschichte mit dem Werk

aufs engste verflochten ist, lohnt immer wieder ein Blick auf sein Leben, um

das Werk zu verstehen. Fallada ist mit seinen autobiografischen Bezügen ge-

nau das Gegenteil seines Zeitgenossen Ret Marut (vermutlich 1882–1969),

der unter dem Pseudonym B. Traven 1926 mit seinem zweiten Roman

Das

Totenschiff

berühmt wurde und der zeitlebens seine Anonymität verteidigt

hat. Bis heute ist seine Identität umstritten. Marut begründete dies mit der

lapidaren Erklärung: »Die Biografie eines schöpferischen Menschen ist ganz

und gar unwichtig.«

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Das Gegenteil ist der Fall. Kein Künstler lebt in ei-

ner abgeschotteten Welt und ist vollends unbeeinflusst von seiner Zeit. Ein

Künstler kann nur aus seiner Biografie, aus denWechselbezügen seines Lebens

zu seiner Zeit verstanden werden.

So wurden für die vorliegende Fallada-Biografie die bereits bekannten und

in den Gesamtdarstellungen wie in Einzeluntersuchungen veröffentlichten

Fakten gesichtet und bewertet. Es wurden aber auch neue oder bislang wenig

beachtete Quellen ausgewertet: vor allem aus dem Hans-Fallada-Archiv in