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hielt er sein Leben lang Kontakt, ei-
ner der Jugendfreunde war der spätere
Reichskanzler (1909–1917) Theobald
von Bethmann Hollweg. Wilhelm Dit-
zen diente 1873 als Einjährig-Freiwilli-
ger bei den Königs-Ulanen in Hanno-
ver, studierte Jura von 1874 bis 1877 in
Leipzig, München und Göttingen und
absolvierte seine Referendarzeit an den
niedersächsischen Staatsanwaltschaften
und Amtsgerichten Celle, Nienburg,
Wennigsen, Gifhorn und Verden. Nach
der Großen Juristischen Staatsprüfung
war er in Hildesheim, Lüneburg, Peine
und Uelzen tätig. Seine erste Stelle als
Richter bekam er 1886 am Amtsgericht
Uelzen in der Lüneburger Heide. Als er
1878 als Referendar amAmtsgericht vonWennigsen amDeister bei Hannover
von der Gründung eines neuen Reichsgerichts als dem höchsten deutschen
Gericht hörte, setzte er sich nicht nur ein außerordentlich hohes, sondern ein
geradezu utopisches Karriereziel: »[…] ich will Reichsgerichtsrat werden.«
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Das Reichsgericht in Leipzig war von 1879 bis 1945 der oberste Gerichtshof
des Deutschen Reichs für die ordentliche Gerichtsbarkeit, also für die Straf-
und Zivilrechtsverfahren. Nachfolger des Reichsgerichts ist der 1950 gegrün-
dete Bundesgerichtshof.
Ein junger Jurist, der heute am Beginn seiner Karriere beschließt, Richter
am Bundesgerichtshof zu werden, überschätzt sich entweder maßlos – oder
er ist ein Ass in seinem Fach. Wilhelm Ditzen war ein solcher Ausnahmeju-
rist, seine Karriere trieb er quasi ohne Rückschläge voran. Sie begann 1882
mit der Ernennung zum Gerichtsassessor; die Ernennungsurkunde war vom
preußischen Justizminister Heinrich von Friedberg persönlich unterschrie-
ben worden.
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Zielstrebigkeit war eine der hervorstechendsten Eigenschaften
Wilhelm Ditzens – sein Sohn Rudolf erbte sie von ihm. Und er erreichte
sein Lebensziel: Von 1909 bis zu seiner Pensionierung 1918 war er tatsächlich
als Reichsgerichtsrat am höchsten deutschen Gericht tätig. Dass er frühere
Wilhelm Ditzen in der Zeit seiner Tätigkeit
am Reichsgericht,
1909