Steffen Verlag | www.steffen-verlag.de | Bernd Biedermann, Wolfgang Kerner: Krieg am Himmel - page 14

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Luftkorridore und Spionage
Die Luftkorridore zwischen Berlin und den westlichen Besatzungszonen waren
schon im November 1945 vom Alliierten Kontrollrat gebilligt worden. Auf seiner
13. Sitzung einigten sich Marschall Shukow und Feldmarschall Montgomery rasch
auf die generellen Punkte der vorgeschlagenen drei Luftwege für Interzonenflüge.
Im Laufe der folgenden Monate wurden detaillierte Vorschriften für die Flüge in den
Luftkorridoren erarbeitet und in Kraft gesetzt. Im Einzelnen wurde festgelegt:
1. Die Einrichtung einer „Kontrollzone BERLIN“. Sie war definiert als der Luft-
raum zwischen dem Boden und 3000 m Höhe innerhalb eines Radius von
32 km vom Alliierten Kontrollzentrum in Schöneberg, in dem sich auch die
Luftsicherheitszentrale Berlin (Berlin Air Safety Center (BASC)) befand. Mit
einem Durchmesser von 64 km erfasste diese Zone quasi den gesamten Berliner
Luftraum.
2. Die drei Luftkorridore hatten je eine Breite von 32 km und durften bis zu einer
Höhe von 3000 m beflogen werden. Es gab den
• Hamburg Air Corridor (Richtung Hamburg, Bremen und Nordeuropa), den
• Bückeburg Air Corridor (Richtung Hannover, Köln, Bonn) und den
• Frankfurt Air Corridor (Richtung Frankfurt a.M., Nürnberg, Stuttgart,
München).
Während die Luftkorridore für die westlichen Alliierten unerlässlich waren, nahm
die sowjetische Seite sie nur selten in Anspruch. Für sie und die DDR waren sie vor
allem ein fortwährendes Ärgernis. Da die Kontrollzone BERLIN und die drei Luft-
korridore mit 21.000 km² fast ein Fünftel der Gesamtfläche des DDR-Territoriums
abdeckten, boten sie beste Möglichkeiten zur Spionage. Wenn man dabei noch be-
achtet, dass die Funk- und Funkmessaufklärung beidseitig noch einmal ca. 200 km
über die Luftkorridore hinausreichte, dann wird die erfassbare Fläche noch wesent-
lich größer. Das blieb so bis zur Vereinigung der beiden deutschen Staaten 1990.
Nach dem Eingeständnis von John Bessette, einem ehemaligen Piloten der US
Air Force, fanden bis 1990 allein in den Luftkorridoren von und nach Westberlin
mehr als 25.000 Flüge statt, die ausschließlich der Spionage dienten.
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So waren z. B.
ständig sechs Spezialflugzeuge zur Fotoaufklärung eingesetzt. Hinzu kamen ab 1948
noch entsprechend ausgerüstete Radaraufklärer vom Typ B-17. Berlin war nach den
Aussagen Bessettes „immer eine Reise wert“. Während anfangs nur Fotoaufklärung
betrieben wurde, kamen durch die Funk- und Funktechnische Aufklärung neue
Möglichkeiten hinzu. Damit konnten nicht nur Objekte aufgeklärt werden, die direkt
in den Korridoren lagen, sondern auch solche in den Streifen auf beiden Seiten (da-
für eingesetzte Maschinen werden in der Anlage 1 „Aufklärungsflugzeuge der USA,
Frankreichs, Großbritanniens und der BRD“ beschrieben).
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