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der Bürste entfernt aber nicht nur den Schmutz des Tages, sondern
scheint dem Schopf auch in anderer Hinsicht zuträglich zu sein.
Wer es gewohnt ist, sein Haar nur auszukämmen, dessen Kopfhaut
drosselt irgendwann die Talgproduktion, so dass es möglich ist,
für einen bestimmten Zeitraum mit einer gutaussehenden Frisur
durch die Lande zu laufen, ohne dass auch nur ein Tropfen Wasser
die Lockenpracht berührt hat. Nach einigen Tagen ohne Haarwä-
sche lechzte meine Kopfhaut aber zu Beginn meines Experiments
danach, endlich vom Fett befreit zu werden. Meine Vorfahren
wandten zu diesem Zweck zwei verschiedene Methoden an. Die
erste bestand darin, sich ein Kopfwaschwasser zu bereiten, welches
dann mit einem Schwämmchen aufgetragen wurde. Die Zeitun-
gen empfahlen zweimal wöchentlich die Verwendung von Franz-
branntwein, Eau de Chinine, Bay-Rum oder Honigwasser.
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Allen
Mixturen ist gemein, dass sie ein gewisses Quäntchen Alkohol ent-
halten, der eine entfettende Wirkung aufweist. Laut Beschreibung
sollte aber immer nur »die Kopfhaut gewaschen werden«. Und was
war mit den Haarlängen? Ich besorgte mir also eine kleine Menge
»Eau de Quinine«. Dieses Haarwasser ist unter anderem noch in
den USA zu haben, weist aber aus bestimmten Gründen heute eine
ganz andere Rezeptur auf. Anno 1893 tupften sich die Menschen
noch eine Mischung aus Chininsulfat, Spanisch-Fliegentinktur und
weiteren Substanzen auf den Kopf.
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Eau de Quinine erinnert von
der Färbung her an Wein und duftet angenehm herb-fruchtig. Ich
trug also den kompletten Inhalt des Fläschchens auf meine eher
sensible Kopfhaut auf und wartete ab. Das Ergebnis war verblüf-
fend. Zunächst überwältigte mich der langanhaltende Duft, der
mir überaus zusagte. Die Kopfhaut fühlte sich gut und erfrischt
an. Erst prickelte es, doch der befürchtete Juckreiz blieb aus. Nur
meine Haare hingen weiterhin schlaff herunter und wirkten etwas
fettig. Ich hatte einige Strähnen bewusst mit dem Eau de Quinine