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Der Diplomat,
der in Frauenkleidern kam
Charles-Geneviève-Louis-Auguste-André-Timothée d’Éon de Beaumont,
Chevalier d’Éon (1728–1810)
Alles beginnt mit einem Kostümball, auf dem einige französische
Adlige ihrem König Louis XV. einen kleinen Streich spielen. Frank-
reichs Herrscher langweilt sich an diesemAbend mal wieder sichtlich.
Zwar hat er mit der Marquise de Pompadour eine überaus attraktive
Mätresse an seiner Seite, aber in der Beziehung zwischen dem Mon-
archen und der bürgerlichen Schönheit herrscht nicht mehr nur eitel
Sonnenschein.
Natürlich wissen viele Beobachter, dass der Herrscher die bezau-
bernde und hochintelligente Frau nicht fortschicken wird, da er sich zu
sehr an sie gewöhnt hat und sie ihm in vielerlei Hinsicht unentbehrlich
geworden ist, aber die Schönen des Versailler Hofes wittern seit gerau-
mer Zeit ihre Chance und umschwärmen den König in der Hoffnung,
seine Gunst zu gewinnen und die Pompadour von ihrem Sockel zu
stoßen. Doch keine der unzähligen Herzoginnen, Comtessen oder
bürgerlichen Damen vermag Louis XV. zu fesseln. Bis sich an diesem
Abend die Flügeltüren zum Ballsaal des Schlosses Versailles öffnen
und mehrere junge Adlige in Begleitung einer jungen Dame eintreten.
Die Lebensgeister des Königs scheinen plötzlich geweckt: Er richtet
sich auf und der Mund steht ihm vor Begeisterung offen. Neugierig
heftet er den Blick auf die geheimnisvolle Dame, deren »Tournüre
eine Mischung von Männlichem und Weiblichem zeigt, deren Ge-
sicht eine bizarre Vereinigung von Bescheidenheit und Zuversicht
ausdrückt, und deren ganze Gestalt sich wie ein Freskobild mit schar-
fen, kräftigen Umrissen ausnimmt. (…)«
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Der König »betrachtete
diese Amazone, und fand in diesem lebendigen, ritterlichen Gange,
in dieser Haltung etwas Neues, Malerisches, Seltsames, welches seine
schlummernden Sinne belebte, und ihm wiedergab, was er seit langer
