Steffen Verlag | www.steffen-verlag.de | Theodor Fontane, Hans-Jürgen Gaudeck: Von London bis Pompeji mit Theodor Fontane - page 7

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Vorwort
Nach mehreren Anläufen kam 1858 endlich die Reise Fontanes
nach Schottland zustande. Vorbereitet darauf war er wie kaum
ein anderer Zeitgenosse durch Begegnungen mit einem schot­
tischen Ingenieur in Swinemünde, sein frühes Interesse für
Geschichte, besonders für Maria Stuart, sowie durchgehende
Vertrautheit mit den Werken von Walter Scott. Die Arbeit in
London, die in Berichten über Kunst undTheater, über Sehens­
wertes und zu Berichtendes sein grenzenloses Interesse für
dieses Land und dessen vielfältige Geschichte zum Ausdruck
brachten, ließen aber auch Selbstzweifel nicht immer verstum­
men. Gelegentlich war er sogar bereit, »den Poeten in den Kof­
fer zu packen und fest zuzuschließen«, wie er seiner Frau Emilie
in einem Brief vom 14. Juni 1852 mitteilte.
30 Jahre später beschrieb er der befreundeten Mathilde von
Rohr in einer Korrespondenz vom 16. Mai 1888 seine Reise
nach Schottland als »eine der schönsten in meinem Leben, je­
denfalls die poetischste, poetischer als die Schweiz, Frankreich,
Italien und alles, was ich später sah«. Sie brachte denWeltbürger
Fontane seiner Heimat näher, denn schon bei der Dampferfahrt
nach Stirling klang es an und später bei der Querung des Loch
Leven auf demWeg zum Schloss, in demMaria Stuart gefangen
gehalten wurde, »stand es in meiner Seele fest, die Mark Bran­
denburg und ihre Schlösser und Seen beschreiben zu wollen«.
Ein Fazit, das er gegenüber Mathilde von Rohr zog.
Ein offener Blick, nicht erschlaffendes Bemühen um das Ver­
ständnis der hinter den Handlungen liegenden Motivationen
der Träger der Geschichte und deren Aufschluss durch immer
wieder erneuerte Quellenarbeit zeichnen den Dichter aus, der
nach Großbritannien natürlich auch andere Länder besuchte.
Die für uns Heutige geschaffenen Aquarelle von Hans-Jürgen
Gaudeck geben die Begeisterung und die Heiterkeit wieder, mit
der Theodor Fontane seine Reisen schildert, wobei er auch die
Strapazen nicht unerwähnt lässt. Wenn Gaudeck die Themse
bei Richmond darstellt, erinnert er an William Turner und sei­
ne Aquarelle von Venedig haben etwas von der Leuchtkraft der
Darstellungen von Monet.
Wer reisen will, so Fontane imVorwort zur zweiten Auflage der
»Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Die Grafschaft
Ruppin«, »der muß zunächst Liebe zu ›Land und Leuten‹ mit­
bringen, mindestens keine Voreingenommenheit. Er muß den
guten Willen haben, das Gute zu finden, anstatt es durch kritt­
liche Vergleiche totzumachen.« Mit solch offenen Augen er­
lebt er auch Dänemark, Frankreich, Italien und Österreich und
Gaudeck tut es ihm nach.
Mit der nachdenklichen Heiterkeit seiner Aquarelle erschließt
und ergänzt Hans-Jürgen Gaudeck für uns das geschriebene
Wort auf seine Weise.
Dr. Claus Cartellieri
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