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Ein Verräter wird gesteinigt

Wesenberg

Mit der Frage nach einer Steinigung und dem Spuk am Fangel-

turm wissen die meistenWesenberger heute kaum noch etwas an-

zufangen. Obwohl der dazugehörende spukende Zimmermann in

jeder besseren Sagen-Sammlung über Mecklenburg einen Stamm-

platz gefunden hat. Die Steinigung von Wesenberg muss daher

einmal in aller Munde gewesen sein.

Helle Aufregung herrschte damals über den Lynchmord. Und

das, obwohl man sich mitten im Dreißigjährigen Krieg befand

und der Tod gewissermaßen zum Alltag gehörte. In dieser Zeit

des Mordens und Brennens waren kaiserliche Truppen in das süd-

liche Mecklenburg eingedrungen. Ohne ernsthaften Widerstand

hatten die Kriegsknechte des Generals Tilly Wesenberg erobert.

Doch viel war hier wohl nicht zu holen. Also richtete man die Bli-

cke auf die Burg. Hinter den dicken Mauern, so vermuteten die

Soldaten, könnte manches an Wertvollem versteckt sein.

Zu dieser Zeit war Wesenberg ein herzogliches Amt – ein Ver-

waltungssitz und Versorgungshof der Fürstenfamilie. Mit Gold

und Silber war auf der Burg gewiss nicht zu rechnen, wohl aber

mit Proviant für die Reiter und Futter für die Pferde. Doch an

den Mauern bissen sich die Angreifer die Zähne aus. Bis sich eben

besagter Zimmermann aus Wesenberg fand, der den Belagerern

einen geheimen Zugang in die Burg zeigte. Aus welchem Grund

er zum Verräter wurde, ist nicht überliefert. Der Überfall gelang

jedenfalls. Die Burg wurde geplündert und niedergebrannt. Ledig-

lich der Fangelturm blieb stehen und gehört bis heute zu dem