Steffen Verlag | www.steffen-verlag.de | Christine Stelzer: Reiseführer Deutschlands Osten - Polens Westen, Bd. 2 - page 28

166 Region 6 – Ziemia Lubuska rechts der Oder
Radach und Hans Fallada
RADACHÓW/RADACH.
Ein für die deutsche Litera-
turgeschichte bedeutender Ort ist das kleine Dorf
Radachów/Radach in der Nähe von Ośno Lubuskie/
Drossen. Im Jahr 1923 stand hier Rudolf Ditzen,
der 1893 in Greifswald geborene Schriftsteller Hans
Fallada, als Gutssekretär sechs Monate im Dienst von
Ritterschaftsdirektor Curt von Pappritz. Radach war
nur eines von mehreren Gütern, auf denen Falla-
da zwischen 1913 und 1923 tätig war. Auf diesem
Rittergut jedoch machte er zwischen Mai und Oktober des schweren
Krisenjahres 1923 prägende Erfahrungen, die in seinen berühmten,
1937 erschienenen Inflationsroman »Wolf unter Wölfen« auf eindrucks-
volle Weise einflossen. Das Dorf Radach wurde im Buch zu »Neulohe«.
Vom Schloss derer von Pappritz stehen heute nur noch Reste. Fallada
beschreibt das Gebäude im Roman anschaulich: »Das, was die Leute
›das Schloß‹ in Neulohe nannten, war das Haus des alten Herrn …, das
Schloß war auch nur ein gelber Kasten … immerhin mit einer richtigen
Freitreppe, einem Gartenzimmer mit Türen aus Glas bis an die Erde,
der ›Saal‹ genannt, und einem Park.« Letzteren holte sich die Natur
zurück. In der Nähe bliebenWirtschaftsgebäude erhalten, die nach
1945 ein Staatsgut waren und
heute noch landwirtschaft-
lich genutzt werden. Im Ort
steht eine denkmalgeschützte
Fachwerkkirche mit hölzer-
nem Turm. Auf dem Friedhof
daneben befinden sich einige
gepflegte deutsche Gräber.
Nicht zu nahe und schon gar
nicht nebeneinander liegen
hier Curt von Pappritz und
dessen ungeliebter Schwieger-
sohn Gustav Schwanecke, die
Fallada als Horst-Heinz von
Teschow und Rittmeister von
Prackwitz zu charismatischen,
sich bekämpfenden Romanfi-
guren machte.
Reste des Radacher Schlosses
Hans Fallada
(1893–1947)
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