Steffen Verlag | www.steffen-verlag.de | Thoedor Fontane, Hans-Jürgen Gaudeck: Ein weites Land - page 8

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Bald ist völlige Stille um uns her; wir haben in unseren Gedanken von Menschen
und Menschenantlitz Abschied genommen und fahren drum erschreckt zusam-
men, als wir plötzlich dreier Frauengestalten ansichtig werden, die mit halbem
Auge von ihrer Arbeit aufblicken und dann langsam-geschäftig fortfahren, das
abgefallene Laub zusammenzuharken. (…) Wir fragen endlich, »ob dies der Weg
nach den Müggelsbergen sei«, worauf sie mit nichts andrem als mit einer gemein-
schaftlichen Handbewegung antworten. Einen Augenblick stutzen wir in Erinne-
rung an die wohlbekannten drei von der schottischen Heide, derenWink oder Zu-
ruf immer nur in die Irre führt; aber uns schnell vergegenwärtigend, daß die Türme
Berlins nur ein paar Meilen in unserem Rücken liegen, folgen wir unter Dank und
scheuem Kopfnicken der uns angedeuteten Richtung. Und siehe da, noch hundert
Schritt und es lichtet sich der Wald und vereinzelte Tannen und Eichen umzirken
einen Platz, in dessen Mittelpunkt ein Teich, ein See ruht.
Dieser See heißt der »Teufelssee«. Er hat den unheimlichen Charakter aller jener
stillen Wasser, die sich an Bergabhängen ablagern und ein Stück Moorland als
Untergrund haben. Die leuchtend-schwarze Oberfläche ist kaum gekräuselt, und
verwaschenes Sternmoos überzieht den Sumpfgürtel, der uns den Zugang zum
See zu verwehren scheint. Er will ungestört sein und nichts aufnehmen als das
Bild, das die dunkle Bergwand auf seinen Spiegel wirft.
»Wanderungen«, 4.Teil: »Spreeland«, Kapitel »An der Spree«, Abschnitt »Die Müggels-
berge«. – Um den Teufelssee ranken sich zahlreiche Legenden, Adalbert Kuhn hat sie in
seinen »Märkischen Sagen und Märchen« (Berlin 1843) gesammelt; in besagtem »Wan-
derungen«-Abschnitt fanden sie ihren Niederschlag.
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